Autor/in:
Monika Albertalli
Als begeisterter Segler arbeitest du als Werkstattchef am Zürichsee. Kann man sagen, dass du deine Passion tagtäglich auslebst bzw. dein Hobby zum Beruf gemacht hast?
Genau so ist es. Durch mein Hobby bin ich zum Beruf des Bootfachwarts gekommen. Man kann sagen, dass sich mein ganzes Leben um Boote dreht.
Wie kamst du zum Segeln?
Meine Eltern haben mir diese Leidenschaft in die Wiege gelegt. Mein Vater ist um die Welt gesegelt. Ich war mit ihm segeln, bevor ich reden konnte. Mein drittes Wort nach «Mama» und «Daddy» war «Segelschiff».
Welches ist deine Lieblingsdestination zum Segeln?
Am schönsten ist es zu Hause am Hallwilersee. Zudem gehe ich oft nach Norditalien, auf den Garda- oder Comersee. Das warme Wasser und das Klima sind dort traumhaft.
Ich gehe davon aus, dass Personen, die eine Lehre als Bootfachwart:in EFZ oder Bootbauer:in EFZ absolvieren, ebenfalls gerne auf dem Wasser sind. Stimmt die Einschätzung, dass diese Personen nicht so schnell ihrem erlernten Beruf den Rücken kehren?
Teilweise ist das so. Es gibt Junge, die diese Grundausbildung absolvieren, weil sie das Handwerk cool finden. Das Spektrum dieses Berufs ist breit und demzufolge attraktiv. Wir arbeiten mit verschiedenen Materialien und wenden unterschiedliche Techniken an.
Es ist tatsächlich so, dass Personen, die diesen Beruf aus Leidenschaft zum Wassersport ausüben, in der Regel länger in der Branche bleiben.
Was hat dich dazu bewogen, das zehntägige Seminar «Vorarbeiter / Werkstattleiter» an der HF Bürgenstock zu absolvieren?
Kurz nach Abschluss meiner zweiten Grundausbildung wurde ich in meinen Lehrbetrieb zum Werkstattchef befördert. Als junger Vorgesetzter war es nicht immer einfach. Daher habe ich mir zum Ziel gesetzt, mich in diesem Gebiet weiterzubilden.
Wie bist du auf das Seminar aufmerksam geworden?
In unserer Branche bzw. in unserem Verband (Schweizerischer Bootbauer-Verband SBV) ist das Weiterbildungsangebot nicht so gross. Auf Google habe ich nach einer passenden Weiterbildung für Werkstattleiter gesucht. Es war nicht so einfach, ein geeignetes Angebot zu finden, da viele Weiterbildungen sehr branchenspezifisch sind. Dann bin ich auf das Angebot der HFB aufmerksam geworden.
Welche Seminarinhalte waren für dich speziell wertvoll?
Führung und Kommunikation haben mich besonders interessiert. Die Zusammenarbeit mit Menschen liegt mir, aber richtig zu kommunizieren und führen finde ich trotzdem herausfordernd. Hier kann man viel falsch machen. Ferner fand ich die Thematik der betrieblichen Organisation lehrreich. Bei allen Themen habe ich neue Erkenntnisse gewonnen.
Wie hast du die vier Referenten erlebt?
Alle Referenten fand ich toll. Jeder ist anders und setzt im Unterricht andere Akzente. Ob mit einem grossen Erfahrungsschatz, oder durch eine lockere und witzige Art Inhalte zu vermitteln – der Unterricht war immer abwechslungsreich.
Hast du das Gelernte in deinem Alltag umgesetzt?
Kleinere Sachen habe ich bereits umgesetzt. Um die Themen zu vertiefen, habe ich einige Bücher gekauft. Mit meinem Vorgesetzten habe ich das Thema Lieferantenbeziehungen und -kontrolle besprochen. Die Einkaufsprozesse zu erfassen und Optimierungsmöglichkeiten zu analysieren, ist eine Aufgabe, der wir uns stellen müssen. Hier können wir Geld und Zeit sparen. Zudem lasse ich die Inputs aus dem Seminar in der täglichen Kommunikation mit den Mitarbeitenden gezielt einfliessen.
Nach jedem Unterrichtsblock hat sich mein Chef immer die Zeit genommen, um sich über die Inhalte und Erkenntnisse aus der Weiterbildung zu unterhalten. Für mich war es interessant zu erfahren, warum Abläufe bei uns in der Bootswerft so funktionieren und nicht anders. Wir haben Themen festgehalten, welche wir in unserem Betrieb verändern möchten. Der Austausch war wirklich cool und wertvoll.
Gab es Inhalte, die für dich als «nicht Schreiner» weniger interessant oder nicht verständlich waren?
Einige Übungsaufgaben waren für mich schwierig. Zum Beispiel beim Produktionsablauf einer Küche verstand ich nur «Bahnhof». Aber in der Gruppe haben wir immer eine gute Vorgehensweise gefunden. Das Thema «betriebliche Organisation und Produktionsablauf» war wiederum für meinen Bootsbetrieb extrem spannend: Schwachpunkte zu analysieren, zu erkennen und zu eliminieren sind wichtige Elemente.
Beim Thema Kalkulation war es ähnlich. Den Preis für ein Möbelstück zu berechnen, ist für mich schwierig. Aber Zusammenhänge über den Kalkulationsaufbau oder einfache Lohnberechnungen und Ermittlung der Materialkosten haben für meinen Betrieb genauso seine Gültigkeit.
Eure Klasse war eine bunt gemischte Gruppe: Unterschiedliche Arbeitsbereiche (Schreinerbetriebe, Holzbauer, Spital, Bootsbauer), beide Geschlechter waren vertreten und das Alter war unterschiedlich. Wie hat sich diese Zusammensetzung auf den Unterricht ausgewirkt?
Wir hatten in der Klasse wirklich eine super Stimmung. Der Austausch untereinander war bereichernd. Obwohl wir in so unterschiedlichen Betrieben arbeiten, sind die Problemstellungen und Herausforderungen im Alltag ähnlich. Ebenso war der Austausch mit den Referenten in den Pausen und während der Mittagszeit jeweils sehr intensiv.
«Die Teilnehmenden sind motivierte Berufsleute und diese Tatsache verbindet»
Gut möglich, dass der Kontakt nach dem Seminar bleibt. Es wäre natürlich schon interessant, die Betriebe der anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu besuchen. Wir haben viel über Abläufe und Problemstellungen gesprochen und es wäre interessant, diese nun praktisch vor Ort zu erleben.
Muss deiner Meinung nach im Seminar etwas verändert werden (Dauer, Inhalte, Reihenfolge, usw.)?
Die Aufteilung von zwei Tagen Unterricht und anschliessend eine Pause für die Verarbeitung finde ich gelungen.
Hast du vor der Weiterbildung die HFB und den Bürgenstock schon gekannt?
Nein, ich kannte die HFB vorher nicht.
Wie findest du den Standort der HFB?
Der Standort ist hervorragend. Ich bin gerne in den Bergen und daher fand ich es immer mega schön, zur HFB zu fahren. Dieser Ort bringt Entspannung und man kann sich gut auf die Inhalte fokussieren. Mit dem Auto ist der Standort sehr gut erreichbar.
Die Infrastruktur ist ebenfalls top. Im Sommer haben wir die klimatisierten Räume sehr geschätzt. Der Seminarraum aus Holz (Vollholz) war angenehm.
Die Verpflegung ist sehr fein. Man wird regelrecht verwöhnt. Bei der Bauernfamilie herrscht eine entspannte Atmosphäre, einfach mega cool. Der Braten zum Mittagessen war wie ein Weihnachtsessen.
Welche Segelpläne möchtest du in Zukunft realisieren?
Die Saison 2024 wird cool. Viele Regatten stehen auf dem Programm. Nachteilig wenn das Hobby zum Beruf wird, ist das gedrängte Programm im Frühling. Dann finden viele Regatten statt und im Betrieb läuft einiges. Daher müssen gewisse Pläne, wie Regatten auf dem Meer, noch ein bisschen warten.
Ich kann Führungspersonen die Weiterbildung zum «Vorarbeiter / Werkstattleiter» an der HFB empfehlen. Die Inhalte überzeugen genauso wie die Dozierenden und das familiäre Schulklima auf dem Bürgenstock. Zudem ist der Austausch mit anderen Kursteilnehmenden bereichernd.