Unternehmensstrategie als Schlüssel für die Nachfolge

Nico Luginbühl (links), AVOR | Kurt Luginbühl (rechts), Geschäftsleitung
Luginbühl AG Diemtigtal, Oey BE

Kurt Luginbühl steht kurz vor der Übergabe seiner Schreinerei. Um seinem Nachfolger den Start zu erleichtern, entschied er sich für die Firma einen Businessplan zu erstellen – mit Erfolg. Im Interview erzählt er, wie es dazu kam und was daraus entstand.

Fabian Zemp

Autor/in:
Fabian Zemp

Was hat dich motiviert, einen Businessplan zu erarbeiten?

Ich habe mit dem früheren Schulleiter, Bruno Krucker, über meine Unternehmensnachfolge gesprochen. Während des Gesprächs machte er mich auf das Coaching-Angebot aufmerksam, welches der VSSM anbietet. Ich entschied mich, dieses in Anspruch zu nehmen.

Wir vereinbarten einen Coaching-Termin und starteten mit einer Auslegeordnung bezüglich der Nachfolge. Der Coach regte an, dass wir im Zuge der Nachfolgeregelung das Wissen der heutigen Führung auf Papier bringen sollten. Dazu hat er uns als Werkzeug einen Businessplan empfohlen. Das motivierte mich, einen Businessplan zu erstellen.

Was hast du dir daraus erhofft?

Ich habe mir eine geordnete Übergabe erhofft. Als ich mit 23 Jahren die Schreinerei von meinem Vater übernahm, verfügte der Betrieb über keine konkrete Strategie und es wurde zuvor nichts dokumentiert. Ich habe mir vorgenommen, dass ich meine Nachfolgeregelung anders gestalten werde. Mein Nachfolger sollte dereinst eine Firma übernehmen, die über einen verschriftlichten Ist-Zustand und eine konkrete Entwicklungsperspektive verfügt. Der Nachfolger sollte trotzdem den nötigen Spielraum für die Gestaltung der Zukunft haben.

Ich war überzeugt, dass ein Businessplan das richtige Instrument dafür ist. Bei dessen Erstellung wird der Ist-Zustand aufgenommen, das Umfeld analysiert, ein Vergleich mit Mitbewerbern vorgenommen und vieles mehr. Ich denke, dass solch fundierten Grundlagendokumente einem Nachfolger den Einstieg erleichtern.

Warum hast du dich für das Angebot der HF Bürgenstock entschieden? Andere Anbieter entwickeln ebenfalls Unternehmensstrategien für ihre Kunden.

Ich habe in der Vergangenheit fast jede meiner Weiterbildungen auf dem Bürgenstock besucht – bis und mit zur Meisterprüfung. Zudem hatte ich stets einen guten Bezug zur HFB. Ich weiss, dass dort Dinge gemacht werden, die Hand und Fuss haben. Ferner spricht man auf dem Bürgenstock die Schreinersprache. So war für mich rasch klar, dass die HF Bürgenstock eine gute Wahl ist.

Wie hast du die Erarbeitung des Businessplans und den damit verbundenen Prozess erlebt?

Aus meiner Sicht war der Prozess sehr gut vorbereitet und strukturiert. Bei der Erarbeitung unterstützte uns der Dozent und Berater Pius Heilig. Bei Pius merkte ich sofort, dass er weiss, um was es geht. Er verfügt nicht nur über theoretisches Wissen, sondern ebenso langjährige, praktische Erfahrung. Wenn wir ein Thema besprochen haben, konnte er stets von Erlebnissen mit anderen Betrieben berichten und ein zielführendes Vorgehen vorschlagen. Sein grosser Rucksack an Wissen und Erfahrungen war sehr hilfreich und er unterstützte uns massgeblich bei der Erreichung der gesteckten Etappenziele.

Wir durften eine stufengerechte Weiterbildung erleben. Es ist klar, dass bei einer solchen Erarbeitung Themen dabei sind, mit denen ich nicht vertraut war. Schliesslich ist meine Ausbildungszeit von 1986 bis 1991 schon einige Zeit her. Wenn wir jedoch etwas nicht verstanden, konnten wir stets nachfragen. So sind wir im ganzen Prozess sehr gut mitgekommen.

«Wir können die Erarbeitung einer Unternehmensstrategie empfehlen. Das Vorgehen ist hilfreich, um die eigene Firma zu analysieren, neue strategische Geschäftsfelder zu entwickeln oder eine Nachfolge vorzubereiten. Wir haben den Businessplan innerhalb einer individuellen Firmenschulung erarbeitet und sind mit dem Prozess sowie dem Resultat sehr zufrieden.»

Bei der Erarbeitung warst du nicht alleine. Du hast dich dafür entschieden, zwei Teammitglieder in den Prozess einzubinden. Was waren deine Beweggründe dafür?

Ich wollte nicht nur die Meinung des alten Chefs auf Papier bringen und war offen dafür, Mitarbeitende in Entscheidungen einzubinden. Deshalb wollte ich mindestens zwei weitere Personen involvieren.

Ich entschied mich einerseits für den dienstältesten Projektleiter / Sachbearbeiter. Er absolvierte bereits die Lehre bei uns und blieb der Firma stets treu. Er hat dem Betrieb über Jahre geholfen, sich zu entwickeln. Andererseits habe ich denjenigen Sachbearbeiter miteingebunden, der am wenigsten lange bei uns und somit nicht betriebsblind war. Darüber hinaus war absehbar, dass er bei einer möglichen Übernahme einer anderen Schreinerei eine Schlüsselrolle einnehmen würde.

So entstand eine Mischung an Personen aller Altersstufen, die in den Prozess eingebunden waren. Rückblickend konnten wir aus meiner Sicht davon profitieren.

Inwiefern war dein Junior und geplanter Nachfolger Nico in den Prozess eingebunden?

Nico haben wir grösstenteils aussen vorgelassen – und dies absichtlich. Ich wollte die Situation aus Sicht der bisherigen Führung darlegen. Ausserdem absolviert er aktuell eine Weiterbildung und ich wollte ihn nicht zusätzlich belasten.

Wie erwähnt war es mein Ziel, den Businessplan so zu konzipieren, dass er für die Zukunftsgestaltung des Nachfolgers den notwendigen Spielraum zulässt. Konkret soll dieser nach der Übernahme frei und sachlich die Strategie überprüfen und die entsprechenden Änderungen vornehmen, die er für richtig hält.

Läufst du dadurch nicht Gefahr, dass der eingeschlagene Weg dem Nachfolger nicht entspricht?

Die strategischen Schwerpunkte, die wir in den Businessplan einfliessen liessen, waren mit Nico und weiteren Kadermitarbeitenden abgesprochen. Dazu gehört beispielsweise der Entscheid über die Betriebsweiterführung einer anderen Schreinerei oder den Entschluss, mit Badezimmermöbel künftig zusätzlich im Business-to-Business-Markt aktiv zu sein. Das sind Beschlüsse, die mein Junior und Nachfolger mitträgt.  

Was resultierte letztlich aus der Businessplan-Erarbeitung?

Wir haben die Ausgangslage der Firma detailliert dargelegt und geprüft, wo wir im Vergleich zu Mitbewerbern stehen. Wir erstellten eine SWOT-Analyse, zogen unsere Schlüsse daraus und haben entsprechende Ziele sowie Strategien für die nächsten 3-5 Jahre abgeleitet. Sämtliche Erkenntnisse haben wir verschriftlicht.  

Wie hast du das Team über die Strategieerarbeitung informiert?

Vor dem Start haben wir das ganze Team darüber informiert, dass wir einen Businessplan erarbeiten werden. Wir haben aufgezeigt, warum wir diesen Schritt anstreben.

Während der Erarbeitung haben wir den Kader laufend informiert, was gerade ansteht und in welche Richtung die Ausarbeitung geht. Nach der Fertigstellung haben wir als erstes dem Kader die Detailinfos abgegeben. Dieser Schritt erfolgte gemeinsam mit Pius Heilig.

Später folgte die Information an die ganze Belegschaft, wo wir den Businessplan stufengerecht erläuterten. Wir erklärten, was unsere Gedanken waren, wohin wir die Unternehmung entwickeln wollen und was bezüglich der Nachfolge geplant ist. Pius hat uns dazu wiederum unterstützt.

Wie wurden die Informationen vom Team aufgenommen?

Das ist schwierig zu sagen. Ich denke, dass es hilfreich war, dass wir uns nicht nur über unseren Betrieb Gedanken gemacht haben, sondern dass wir ebenso untersuchten, wo die Stärken und Schwächen im Vergleich zu anderen Betrieben liegen. Dadurch waren die Entscheide nachvollziehbar.

Positiv aufgenommen wurde der Umstand, dass wir das Team transparent informiert haben. Die Mitarbeitenden wissen, was gemacht wurde und welche Massnahmen deshalb umgesetzt werden.

Welche Schritte folgten nach der Erarbeitung des Businessplans?

Wir haben für die geforderten Massnahmen die Verantwortlichkeiten definiert. Konkret standen beispielsweise Investitionen an. Wir mussten einen neuen Server anschaffen, da der bisherige veraltet war. Diese Aufgabe übertrugen wir einem Sachbearbeiter. Nico zeichnete sich für die Erneuerung der Spanabsauganlage sowie die Sanierung der Spritzkabine verantwortlich. Eine weitere Person kümmerte sich um die Neuanschaffung der Zuschnittfräse. Dazu gehörte die Analyse, ob für unseren Betrieb eine horizontale oder vertikale Fräse die bessere Wahl ist.

Ein weiterer Teil des Businessplans war die Übernahme einer anderen Schreinerei in Grosshöchstetten. Diesbezüglich haben wir dem dafür vorgesehenen Standortleiter einige Abklärungsaufgaben übertragen. Andere Aufgaben übernahm wiederum ich.

Dank dieser Aufgabenverteilung wussten wir, wer was macht und konnten sicherstellen, dass wir die niedergeschriebenen Massnahmen planmässig realisieren.

Wo steht dein Unternehmen heute mit der Umsetzung?

Wir haben eine stattliche Anzahl der geplanten Massnahmen umgesetzt. Heute ist der Server neu eingerichtet, die Spritzkabine saniert und eine Striebig angeschafft. Ferner läuft die Übernahme der Firma Reber Küchen AG seit dem 1. Januar 2024.

Ein weiteres Vorhaben war, dass wir in Zusammenarbeit mit Sanitärinstallateuren normierte Bademöbel erfolgreich verkaufen. Diesem Ziel sind wir ein Stück näher. Die Ausstellung ist eingerichtet und der Eröffnungsevent mit Sanitärinstallateuren liegt hinter uns. Wir sind mit dem Projekt gestartet, obschon der Bereich aktuell noch nicht wunschgemäss funktioniert.  

«Wir haben eine stattliche Anzahl der geplanten Massnahmen umgesetzt.»

Abschliessend sind wir mit der Nachfolgeregelung gut unterwegs. Die Weiterbildung des Juniors an der HF Bürgenstock ist im Gange. Die Ausarbeitung der Übernahmevarianten und die Bewertung der Firma sind ebenfalls in Arbeit.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass wir aus meiner Sicht vieles von dem erreicht haben, was wir geplant hatten.

Welche Themen fordern dich aktuell am meisten?

Das ist einerseits nach wie vor die Nachfolgeregelung. Personell sind wir auf gutem Wege. Für mich ist es aber eine grosse Herausforderung, die richtige Unternehmensform für die Zukunft zu finden. Konkret stellt sich die Frage, ob wir die Aktiengesellschaft eins zu eins weiterlaufen lassen oder ob eine Holdingstruktur, bei welcher die Schreinerei und die Liegenschaften getrennt werden, besser geeignet ist. Des Weiteren gilt es die Firma zu bewerten. Diese Bewertung ist für den Junior relevant, der die Firma übernehmen möchte. Aber auch die Betrachtung des zweiten Sohnes gilt es dabei zu berücksichtigen. Er arbeitet als Zimmermann und es ist aktuell unklar, ob er später im Betrieb einsteigen möchte. Für meine Frau und mich sind letztlich die steuerlichen Auswirkungen der präferierten Übernahmeoption nicht unwesentlich.

Eine weitere Herausforderung, mit der ich als Schreiner täglich konfrontiert bin, ist die optimale Auslastung unserer Produktion. Diese kann variieren. Hier gilt es stets zu optimieren, sodass wir eine gute Rendite erreichen können.

Wo siehst du als Unternehmer Chancen für die Zukunft?

Ich bin froh, dass wir mit unserem Sohn einen Nachfolger für unseren Betrieb gefunden haben und freue mich, dass ich ihm aus meiner Sicht einen funktionierenden Betrieb übergeben kann. Wir sind technisch auf dem neusten Stand, haben laufend erneuert und investiert.

Was die Chancen angeht bin ich der Meinung, dass diese in unserem Betrieb in der Individualität stecken. Das breite Angebot, die gute Infrastruktur und erfahrene Mitarbeitende sind ein weiterer Pluspunkt. Zudem legen wir Wert auf Flexibilität und Qualität. Wir sind hauptsächlich im Privatkundensektor tätig. Dort sind die Eigenschaften, die uns auszeichnen, von hoher Priorität. Entsprechend bin ich zuversichtlich, dass wir in Zukunft gute Chancen am Markt haben.

Was möchtest du im Betrieb demnächst anpacken oder verändern?

Ein offener Punkt aus dem Businessplan ist das Marketing. Wir haben keine klare Marketingstrategie. Aktuell machen wir zwar überall ein wenig Marketing, wir wissen jedoch nicht, ob die gewählten Massnahmen zielführend sind oder nicht. Kurz- oder mittelfristig wollen wir deshalb ein Marketingkonzept erarbeiten.

Mit einer weiteren Absicht beschäftigt sich aktuell unser Sohn Nico im Rahmen seiner Projektarbeit. Es geht um den Aufbau und die Entwicklung einer günstigen Lösung im Küchensektor. Diese Lösung soll für Bauobjekte, die rund zehn Küchen beinhalten, konkurrenzfähig sein. Das Produkt soll daneben Privatkunden ansprechen, die sich ergänzend zur qualitativen Küche in der eigenen Wohnung, eine günstige Küche für die Einliegerwohnung wünschen.

Vielen Dank für das spannende Gespräch und weiterhin viel Erfolg für die Nachfolgeregelung sowie alle weiteren Projekte.

 

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